Blick’s Mal! KinderTheaterRat des GRIPS Theater@ Augenblick mal!

von Hanna Lena Hohmann


Augenblick mal! 2019
Foto: Renata Chueire

Der Weg zur Probebühne im Podewil wird uns von einer wuseligen Gruppe in schwarzen Pullovern gezeigt. Der KinderTheaterRat. Während sich die erwachseneren Teilnehmenden anmelden, schmieren sich die jüngeren Expert*innen Brote. Schon auf dem Blatt für E, des von den Kindern erstellten Theater-ABCs, lese ich, dass Essen ganz oben steht. „Essen ist wichtig! Wir verlangen Pausen, weil und wenn wir Hunger haben“, wird mir erklärt. Käse, Erdnussbutter, Gurke. Hier und da mal eine Pfütze auf dem Tisch oder dem Boden, weil ein Glas umfällt. Wer putzt das jetzt weg? Die erste gemeinsame Aktion.

Begrüßt werden wir von den Theaterpädagog*innen, die das Projekt leiten. Die Förderung durch Wege ins Theater wird benannt (vorbildlich, das muss ich dem Team erzählen!). Wir beginnen, wie die Gruppe bei ihren regulären Treffen, mit einem Spiel. Zombieball. Große Freude im KinderTheaterRat, große Skepsis bei den Teilnehmenden. Zwei Kinder erklären uns die Spielregeln. „Das ist ein Rein-und-raus-Spiel, alle können immer mitmachen!“ – los geht’s. Werfen, fangen, ducken, verstecken, rufen, rennen. Raus. Rein.

Aufgewärmt gehen wir im Regen spazieren. In Zweier-Konstellationen besprechen wir mit uns unbekannten Menschen unser erstes Theatererlebnis, Fails auf der Bühne, unseren Festivalmoment und die Frage, was wir gerne auf der Bühne sehen würden. Echte Wolken. Oder Tiger. Die krassen Fails während Aufführungen sind beliebt. „Einmal ist ne Lampe kaputt gegangen, keine Ahnung, ob das echt oder extra war, aber es war richtig lustig! Alle haben gelacht.“ Ich merke wie kurz eine Minute ist, weil die Kinder des KinderTheaterRats gerne erzählen und vor allem nachfragen. „Verdienst du denn viel in diesem Theaterjob?“ Die Gesprächsimpulse werden von den Kindern durch ein Mikrofon in den Raum gegeben. Man merkt, dass sie Spaß daran haben, Teile des Workshops anzuleiten. „Bitte, bitte kommt jetzt meins!“

Danach gibt’s Kaugummis. Durch das in der Gruppe beliebte Losverfahren werden wir verschiedenen Tischen zugeteilt, an welchen wir schmatzend unsere Gefühle während der Aufführungen kneten, oder Geschichten entwerfen, die wir gerne auf der Bühne sehen würden. Die zwei Mitglieder des KinderTheaterRats an unserem Tisch haben klare Vorstellungen. Eine Geschichte darüber, dass drei Frauen darüber streiten, welche den besten Mann hat. Streit auf der Bühne ist lustig, aber am Ende vertragen sich alle wieder. Wir Erwachsenen versuchen wenigstens, Perücken und Käsespätzle als Festivalbezug einfließen zu lassen. Darf man seinem Chef eine blaue Glitzerperücke aufziehen? Und was heißt eigentlich politisch korrekt? Und sind Käsespätzle diese Nudeln mit dem vielen Käse? Wer bestimmt hier?
„Die Kinder!“
„Nein. Nur du hast bestimmt.“
„In unserem Stück geht es auch um Bestimmen. Wer bestimmt, welcher Mann der Beste ist?“
„Wieso geht es denn schon wieder um Männer? Ich sehe genug Männer auf der Bühne!“
„Hä? Es geht doch um die drei Frauen.“
„Komm, wir malen noch die Schildkröte. Die war cool und bestimmt alles.“

Augenblick mal! 2019
Foto: Renata Chueire

Die Kleingruppen bieten die Möglichkeit, sich über die besuchten Inszenierungen während des Festivals auszutauschen. „Wieso heißt das Helden? Ich finde, das sollte Menschenmörder heißen, dann erwartet man auch nichts falsches.“ Muss ein Titel immer zum Theaterstück passen?
Persönliches Kennenlernen untereinander findet statt. Weiterführende Themen, die im Austausch über Theater entstehen, werden gemeinsam besprochen. Diskussionen über Themen wie Männer auf der Bühne, die von den Pädagog*innen in die Gruppe eingebracht werden, werden aber nur kurz angeschnitten. Geredet wird an unserem Tisch, worüber die Kinder reden wollen. Ich höre gerne zu.
Im Plenum stellen die Kinder die Gruppenergebnisse mit Freude vor. Ergänzt werden sie von drei Studierenden, die sich als Beobachter*innen in die einzelnen Gruppen begeben haben und nun ihre Eindrücke zusammenfassen. Die letzte Stunde in Post-Its.

Das gemeinsame Arbeiten ist nach 1,5 Stunden vorbei. Den Austausch möchte ich aber noch fortführen. Ich stelle mich zu den Kindern am Essenstisch (ja, ich habe die leise Hoffnung, dass sie mir ein Käsebrot anbieten) und wir diskutieren darüber, wie dick man Erdnussbutter auf ein Brot schmieren kann, darf und sollte.
„Gehst du auch ins Theater?“
„Ja, klar! Mit dem KinderTheaterRat! Und ich will Schauspielerin werden, da ist das ne gute Vorbereitung. Ich hab auch jetzt Lust bekommen, danach noch ins Theater zu gehen. Wahrscheinlich mit meiner Familie dann.“
„Ne, ich geh so wenig ins Theater, wie ich in die Kirche gehe!! Nur hier halt. Das ist gut. Ich mag lustige Sachen auf der Bühne. Früher hab ich Theater gehasst! Aber jetzt will ich Schauspielerin werden. Ich spiele eh lieber, als zuzugucken.“
„Nee, gucken ist schon auch cool!“
„Findet ihr das Projekt gut?“
JA, NA KLAR!


Das Projekt KinderTheaterRat ist ein Projekt der GRIPS Werke e.V. in Kooperation mit dem GRIPS Theater, dem Evangelischen Johannesstift – Kampagne „Kinder beflügeln“ und den Kulturprojekten Berlin. Das Projekt wird gefördert durch Wege ins Theater, das Förderprogramm der ASSITEJ im Rahmen von „Kultur macht stark! Bündnisse für Bildung“

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s