Auswahllisten zum Deutschen Kindertheaterpreis 2022 und Deutschen Jugendtheaterpreis 2022: Teil 5

Prof. Dr. Gerd Taube Foto Ruth Hundsdoerfer

Zum Abschluss unserer kleinen Serie von Beiträgen der Mitglieder der Jury für den Deutschen Kindertheaterpreis 2022 und den Deutschen Jugendtheaterpreis 2022 stellt heute der Sprecher der Jury, Prof. Dr. Gerd Taube, Leiter des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland, weitere vier Texte aus den Auswahllisten vor. Es sind Stücke von Eirik Fauske, Esther Becker, Matin Soofipour Omam und Nick Wood.

Hunderte Kinder in wildem Kampf (5+)
(Hundrevis av barn i vill kamp)
von Eirik Fauske (Norwegen)
aus dem Norwegischen von Elke Ranzinger
Verlag der Autoren, Frankfurt am Main

Der Vater trägt seinen Jungen auf den Schultern und rutscht im Schnee aus. Er fällt rücklings. Und der Junge fällt auch. Mit dem Hinterkopf voraus und das Gesicht hinterher. Aber er schlägt nicht auf den Boden auf, sondern fällt scheinbar unaufhaltsam ins Meer. Der Junge erzählt davon und von seiner Welt, in der er gefangen ist. Es ist die Innensicht des Jungen, in dessen Kopf durch den Unfall etwas durcheinander gekommen scheint und der nun in der fantastischen Welt des Meeres mit hunderten anderen, wild kämpfenden Kindern lebt.  In seinem Traum verbinden sich die Stimmen von außen, die Erinnerungen an den Großvater und die Fantasiewelt des Traums zu seiner eigenen Realität. Ein abenteuerliches und rätselhaftes Stück, dessen zuweilen heitere Atmosphäre das bedrückende Schicksal des Jungen überlagert.

Das Leben ist ein Wunschkonzert (8+)
von Esther Becker (Deutschland)
Felix Bloch Erben Verlag für Bühne Film und Funk, Berlin

Anna weiß, dass das Leben kein Wunschkonzert ist. Mit diesem Spruch wird sie immer wieder angehalten, sich in die Verhältnisse zu fügen. Doch sie wünscht sich einfach nur Ruhe. Sie möchte, dass ihre Eltern sich um sie kümmern, statt in der Küche zu viel Bier zu trinken und sich dann anzuschreien. Nach außen wahrt Anna den Schein, doch an dem Tag, von dem sie in dem Stück erzählt, ist das nicht so einfach. Ihre Freundin Hannah und auch die Nachbarin bemerken, dass da etwas nicht stimmt. Hannah findet die Eltern bewusstlos in ihrem Erbrochenen in der Küche liegen und gemeinsam mit der Nachbarin holen sie Hilfe. Eine poetisch erzählte unaufgeregte Geschichte über ein gravierendes Thema mit einer starken Heldin als Erzählerin und einem pfiffigen Schneckenchor.

Links vom Mond (12+)
von Matin Soofipour Omam (Deutschland)
Felix Bloch Erben Verlag für Bühne Film und Funk, Berlin

Saza hat zum ersten Mal ihre Periode. Aber mit ihrer Mutter kann sie nicht darüber sprechen, weil die von ihrem Vater getrennt lebt. Sazas Vater, ein Schriftsteller mit momentaner Schreibblockade, schenkt Karo zwei Theaterkarten. Saza schenkt sie Ali, in den sie verknallt ist und hofft, dass er sie ins Theater einlädt. Aber Ali lädt Karo, Sazas Freundin, ein. Die ist dann erst einmal für Saza nicht erreichbar. In den Chat-Kanälen der Klasse geht die Nachricht rum, mit wem Ali ein Date hat. Saza erfährt davon und ist wütend. Sie will ihren Goldfisch umbringen, überlegt es sich aber noch einmal. Dann sitzt Karo im Garten, sie war nicht mit Ali im Theater. In einem symbolischen Akt der Emanzipation schneiden sich Saza und Caro gegenseitig die Haare ab. Eine poetisch und pointiert erzählte Geschichte über das Erwachsenwerden, das nicht so einfach ist.

No Planet B (12+)
von Nick Wood (Großbritannien)
Deutsch von Anja Tuckermann und Guntram Weber
Felix Bloch Erben Verlag für Bühne Film und Funk, Berlin

Die Teenager Chris und Alex sind Klimaaktivistinnen. Gemeinsam mit ihrer Mutter haben sie ein Recyclingsystem entwickelt und sie tun alles, um die Umwelt und das Klima zu schonen. Aber sie sehen, dass dieses individuelle Engagement die drohende Klimakatastrophe nicht abwenden kann. Da mischt sich der Autor in sein Stück ein und weist die Hauptfiguren auf ein Buch aus den 1980er Jahren hin, in dem das meiste, was wir über die Gründe des Klimawandels wissen, bereits enthalten ist. Chris und Alex engagieren sich in der der Extinction Rebellion Bewegung und bereiten eine Protestaktion gegen das Fracking vor. Parallel dazu lesen sie das Buch und rekonstruieren die, letztlich vergeblichen, Bemühungen aus den 1980ern eine verbindliche Reduktion des CO2-Austoßes international vertraglich zu vereinbaren. Das Well-made-Play verschränkt die fiktive Handlungsebene mit der geschichtlichen Ebene der 1980er Jahre und verweist in einer spannenden Handlung darauf, dass Politik und Gesellschaft die Klimakatastrophe nicht einfach aussitzen können.

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