„Zugangsbarrieren zu kulturellen Angeboten und Konzeptionen niedrigschwelliger Kulturvermittlung“ lautete der Untertitel einer vom Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim und der Kulturloge Berlin veranstalteten Fachtagung, die vergangene Woche im Deutschen Theater in Berlin stattfand. Während des zweitägigen Treffens sollten die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema Kulturelle Partizipation vorgestellt werden und Konsequenzen für Kulturvermittlung und Kulturpolitik diskutiert werden.
Dass die Tagung viel Resonanz im Internet und den sozialen Medien erfuhr, lag aber nicht nur an der wichtigen Frage „Wie ermöglicht man kulturelle Teilhabe“, sondern an der Intervention einiger kritischer Kulturpraktiker, die während der Tagung die Bühne enterten. Sie bemängelten, dass man nicht mit sondern über arme Menschen, Migranten und Behinderte rede. Unter dem Titel „Mind the Trap“ schalteten die Aktivisten eine Website, auf der man die Kritik an der Veranstaltung nachlesen und die „Erstürmung“ der Veranstaltungsbühne und eine Pressekonferenz am folgenden Tag per Stream anschauen kann.
Inzwischen haben die wissenschaftlichen Leiter der Tagung, Birgit Mandel und Thomas Renz von der Uni Hildesheim, auf der Seite www.kulturvermittlung-online ihre Sicht auf die Tagung und die überraschende Intervention veröffentlicht.
Zwar habe es schon im Vorfeld der Tagung Kritik gegeben, allerdings von konservativer Seite, die sich eine Einmischung in künstlerische Programme mit dem Argument der „vor Publikumswünschen zu schützenden Kunstfreiheit“ verbeten hatte, schreiben die Wissenschaftler. Was aber war der Auslöser für den Protest von der anderen Seite?
„Lag es am Begriff der „niedrigschwelligen“ Kulturvermittlung, der als Testballon hinterfragt werden sollte? Oder lag es an der Fokussierung der Tagung explizit auf die klassischen Kulturinstitutionen wie Theater, Konzerthäuser, Museen? Diese standen nicht deswegen im Mittelpunkt der Tagung, um einen engen (Hoch-)Kulturbegriff zu behaupten, sondern weil für ihre Finanzierung der Großteil öffentlicher Kultur-Fördermittel verwandt wird und es darum kulturpolitisch von besonderer Relevanz ist, danach zu fragen, warum sie aktuell nur eine kleine, größtenteils hoch gebildete Bevölkerungsgruppe erreichen.“ (Birgit Mandel und Thomas Renz in ihrem Rückblick auf die Tagung Mind the Gap)
Die Kritik des Bündnisses, man hätte keine Betroffenen als ExpertInnen eingeladen, weisen die Veranstalter von sich. Wenn nur Betroffene selbst über sich forschen und diskutieren dürften, wäre einer wissenschaftlich fundierten Auseinandersetzung mit gesellschaftlich relevanten Gruppen jegliche Legitimation entzogen.
Wolfgang Schneider, der Direktor des Instituts und Professor für Kulturpolitik pointierte das Ergebnis der Tagung bei einer abschließenden Podiumsdiskussion mit der Bemerkung:
„Kulturelle Teilhabe ist ein Menschenrecht und deshalb bedarf es der Anstrengungen im Kulturbetrieb nicht nur weiterhin Projekte der Kulturellen Bildung zu addieren, sondern endlich die notwendigen kulturpolitischen Maßnahmen zu ergreifen, die Strukturen des Zugangs zu reformieren.“
Eine Zusammenstellung der Forschungsergebnisse und Vorträge der Tagung wird Ende Februar auf Kulturvermittlung-online veröffentlicht.