Dialoge. Szenisches Schreiben mit Jugendlichen

„Es gibt aber Momente, in denen bin ich ganz da, wo ich sein will“

„Fördern, was gebraucht wird: Theater zum Wachsen“ lautet der Jubiläums-Slogan des KJTZ. Die diesem Motto zugrunde liegende Haltung bedeutet für das Zentrum, Projekte zu entwickeln, die das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen stärken und ihren Wünschen und Sehnsüchten, Ängsten und Hoffnungen Raum geben. Das Projekt „Dialoge. Szenisches Schreiben mit Jugendlichen“, das im ersten Halbjahr 2013 durchgeführt wurde, hatte sich zum Ziel gesetzt, den sich auf dem Weg der Selbstfindung bewegenden Jugendlichen „ein Stück Wachsen durch kulturelle Bildung zu vermitteln“.

Vor wenigen Tagen haben Henning Fangauf und Ingeborg von Zadow die Dokumentation des Projekts veröffentlicht, das vom Innovationsfonds „Eigenständige Jugendpolitik“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt wurde. Im Rahmen des Projektes wurden im ersten Halbjahr 2013 bundesweit – von Husum bis Nürnberg, von Aachen bis Jena – Schreibwerkstätten angeboten, an denen 150 Jugendliche teilnahmen. Unter der Anleitung von erfahrenen Dramatikerinnen und Dramatikern entwarfen die Jugendlichen in diesen „Dialoge-Werkstätten“ unzählige Texte, kleine Abhandlungen, Minidramen und kollektiv geschriebene Theaterstücke, die zur Premiere gebracht wurden.

So unterschiedlich wie die Orte waren, die sich die ProjektpartnerInnen ausgesucht hatten, so verschieden war auch die Herangehensweise der Autoren und Teilnehmer. Jörg Menke-Peitzmeyer arbeitete in der Jugendstrafanstalt Berlin mit fünf inhaftierten jungen Männern, die nie zuvor mit dem Theater in Kontakt gekommen waren. Er hofft, dass sie durch die gemeinsame Arbeit ein verändertes Selbstbild gewonnen haben: „Ihr könnt was auf die Beine stellen: ein eigenes Theaterstück. Ihr habt Einfälle, Phantasie, Witz. Und ihr könnt auch etwas zu Ende bringen. Ihr seid nicht nur Verbrecher.“

Ganz andere Erfahrungen machte Anja Tuckermann im thüringischen Städtchen Neustadt an der Orla. Schüchterne Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahre – die in einer Gegend ohne ausreichenden öffentlichen Nahverkehr leben, was manche Treffen erschwerte – waren am Ende des Projekts vertrauensvoller, offener und mutiger. Drei Mädchen aus der Gruppe wollen ein gemeinsames Theaterstück schreiben und mit der Projektleiterin weiterhin in Kontakt bleiben.

Nachhaltigen Erfolg kann auch Lorenz Hippe verzeichnen, der seine Schreibwerkstatt im Grips Theater mit 12 Jugendlichen zwischen 15 und 25 Jahren durchführte und von der VHS Neukölln die Gelegenheit erhält, ab März 2014 seine Schreibwerkstatt dort weiter anzubieten.

In manchen Projekten trafen die Autoren auf Jugendliche, die bereits Theatererfahrungen hatten, in anderen Gruppen hingegen auf Schreibtalente, die sich vom Workshop eine professionelle Schreibberatung erhofften. Von einigen der jungen Autoren werden wir hoffentlich noch mehr lesen:

„Stolpern

Wenn ich jetzt einfach umfallen würde, vielleicht in Ohnmacht, einfach so,
oder stolpern, an einer Wurzel oder so,
oder ausrutschen, auf Eis oder so, auch wenn gerade nicht die Jahreszeit dazu ist,
oder einfach stolper, weil ich stolper, einfach so und hinfalle,
oder wenn der Fahrstuhl stecken bleibt,
dann würd ich einfach liegenbleiben, einfach ins Nichts starren
und weiter unglücklich sein oder so.“
(Chris Heller)

Zum Dialoge-Projekt des Theaterpädagogischen Zentrums Lingen wurde ein Kurzfilm gedreht und auf Youtube veröffentlicht:

Die lesenswerte Dokumentation „Dialoge.Szenisches Schreiben mit Jugendlichen“ ist ab sofort über das Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der BRD erhältlich.

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