Gastbeitrag über die Assitej-Werkstatt: „Mehr.Wert.Festival.“

Thomas Schwarzer vom Deutschen Bühnenverein berichtet für das KJTZ-Blog über die Assitej-Werkstatt vom 26. und 27. September in Weimar:

„Dass Kinder- und Jugendtheaterfestivals in Deutschland nicht gerade „überfinanziert“ sind, ist ja nicht neu. Beim zweiten „Wildwechsel“-Festival in Weimar hat man aus dieser Not schon fast eine Tugend gemacht und unter dem Titel „Mehr.Wert.Festival“ rund zwei Dutzend Theatermacher(innen) aus ganz Deutschland (nicht nur aus dem Osten!) zu einem Workshop versammelt. Die geballte Theaterpraxis ging dort zusammen mit den Bielefelder Unternehmensberatern Matthias Hofmann und Achim Meynert eineinhalb Tage lang der spannenden Frage nach, wie Kinder- und Jugendtheaterfestivals in der Zukunft (vor allem wirtschaftlich) noch besser aufgestellt werden könnten.

Nach einem Impulsreferat von Prof. Dr. Wolfgang Schneider diskutierten die Teilnehmer zunächst erwartungsgemäß über die inhaltliche Ausrichtung und die künstlerischen Profile der unterschiedlichen Festivals. „Jenseits der Kunst“ wurden daraufhin verschiedenartige Kommunikations- und Marketingkonzepte einzelner Festivals näher betrachtet. Das weitaus größte Augenmerk richtete sich jedoch schon sehr bald auf den Bereich des Fundraising, der Mittelakquise mit Hilfe von Förderern und Sponsoren. Die Kernbotschaft der beiden Wirtschaftsexperten an die Theaterschaffenden lautete dabei, man solle nach einer gründlichen Marktanalyse bei den potentiellen Geldgebern nicht als reiner Bittsteller auftreten, sondern möglichst mit konkreten Angeboten als vollwertiger Geschäftspartner „auf Augenhöhe“ verhandeln. Also nicht: „Bitte gebt uns Geld für unsere Kunst!“, sondern eher: „Was können wir für Sie tun? Welchen Mehrwert generiert ihr Unternehmen, in dem es unser Festival unterstützt?“ Und selbst ältere Theaterhasen (und -häsinnen) lernten dabei doch noch viel Neues über Türöffner, Stakeholder Value, Win-Win-Strategien usw. So manchem Teilnehmer wurde dabei auch deutlich, wo in der eigenen Arbeit noch Potentiale (brach-)liegen und vielleicht sogar weitere Professionalisierung im Mitarbeiterbereich geboten wäre.

Und jetzt wird’s „spooky“: Als wären sie von den beiden Workshop-Leitern als Versuchsobjekte für den Praxistest in Sachen Fundraising bestellt worden, verirrten sich am Sonntagmorgen zwei Handvoll Wirtschaftskapitäne, angeführt von Ex-Bahn-Chef Heinz Dürr, als Weimartouristen in die vom Theater als Spiel- und Tagungsstätte genutzte Industriebrache „E-Werk“. Die „Paradiesvögel“ vom Theater und die potentiellen „Opfer“ aus der Welt des Großkapitals beäugten sich vorsichtig, doch das gespannte Interesse war greifbar. Für mehr als ein Gruppenfoto vor einer bunten Graffitiwand hat es noch nicht gereicht. Erst später, vor der berühmten Anna-Amalia-Bibliothek, hat eine Theaterkollegin Heinz Dürr noch einmal getroffen und sich tatsächlich getraut, ihn „anzuhauen“. Und weil sich Herr Dürr in einer Stiftung für frühkindliche Bildung engagiert, bekommt er jetzt Infomaterial über ein Kinder- und Jugendtheaterfestival in Bayern zugeschickt!“

Thomas Schwarzer Blogfoto Thomas Schwarzer, Landesverband Bayern des Deutschen Bühnenvereins

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