Zwei mal zehn preiswürdige Stücke für das Kinder- und Jugendtheater – Teil 2

 

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(c) Sebastian Bühler

Heute setzt die Jurorin Viktoria Klawitter, Stellvertretende Leiterin und Dramaturgin am Jungen Theater Heidelberg, die Vorstellung von Stücken aus den Auswahllisten zum Deutschen Kindertheaterpreis 2018 und zum Deutschen Jugendtheaterpreis 2018 fort und macht mit vier weiteren Texten von Marta Guśniowska, Olivier Sylvestre, Rasmus Lindberg und Christina Kettering bekannt.

 

„Gans, du hast mein Herz gestohlen!“ (4+)
A niech to Gęś kopnie!
von Marta Guśniowska (Polen)
Aus dem Polnischen von Anna Szostak-Weingartner
henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag, Berlin
Der Überfall auf den Hühnerstall geht gewaltig schief: Der Fuchs schafft es nicht, ein Huhn zu stehlen und nun ist ihm auch noch die Gans bis nach Hause gefolgt. Und diese dürre Gans will er nicht fressen, obwohl sie sich ihm so bereitwillig anbietet. Aber vielleicht mag sein Freund der Wolf die Gans zum Abendbrot? Gemeinsam machen sich Fuchs und Gans auf den Weg zum Wolf. Eine Gans, der das Leben weh tut – und ein Fuchs, der ihr, zunächst unfreiwillig, hilft, Sinn zu finden. Marta Guśniowska stellt die ganz große Frage: Was gibt dem Leben einen Sinn? Sie lässt Ganz und Fuchs auf Tiere treffen, die für sich diese Frage beantworten können. Da ist zum Beispiel der Tee genießende Gentleman-Bär oder der Otter, der seine Arbeit über alles liebt. Ein Stück (auch für die große Bühne) mit tollem Humor und liebenswerten Figuren mit Potenzial zum Klassiker!

„Weiß ist keine Farbe“ (7+)
von Christina Kettering (Deutschland)
Drei Masken Verlag, München
Lynn und ihre Tochter Sophie sind neu im Haus. Aber gehört Sophie tatsächlich zu Lynn? Anna und Berkey sind verwirrt, kann eine schwarze Frau ein weißes Kind haben? Ist Sophie etwa entführt worden? Die Neugier ist geweckt und so beobachten die beiden Sophie ganz genau. Wieso schleicht Sophie getarnt um ein Nachbarhaus? Und wieso brüllt sie Herr Mathei wütend an? Ein anscheinend kleiner Moment an einer Ampel ist der Grund für Sophies große Wut: Herr Mathei hat ihre Mutter angespuckt. Einfach so. Da ihre Mutter sich nicht wehrt, muss Sophie das jetzt in die Hand nehmen. Sophie ist mit ihrer Angst und Wut in Christina Ketterings „Weiß ist keine Farbe“ allein. Ihre Mutter Lynn schafft es nicht, mit ihrer Tochter über das Geschehene und die Diskriminierung zu sprechen. Wie in einem Krimi entwickelt sich die Handlung. Das Ende ist offen, was passiert ist oder eben vielleicht doch nicht, bleibt der Phantasie des Zuschauers überlassen.

„Das Gesetz der Schwerkraft“ (14+)
Le Loi de la Gravité
aus dem Französischen (Québec) von Sonja Finck
von Olivier Sylvestre (Kanada)
Theaterstückverlag Korn-Wimmer, München
Dom und Fred – zwei sehr unterschiedliche Jugendliche und doch haben sie eine Gemeinsamkeit: Sie fühlen sich fremd. In der Kleinstadt, in der Schule und im Körper. Dom als Mädchen geboren; Fred bei der Geburt als Junge identifiziert. Beide suchen nach sich selbst und ihrem Platz in der Welt. Sie blicken sehnsüchtig Richtung Stadt, die ihnen die große Freiheit verspricht. Gemeinsam beschließen sie, am Ende des Schuljahres über die Brücke zu gehen, die in die Stadt führt. Aber bis es soweit ist, vergeht noch ein ganzes Jahr.
„Gesetz der Schwerkraft“ erzählt sehr sensibel von zwei starken Figuren, die sich nicht so leicht in die Kategorien Frau und Mann einsortieren lassen. Dom und Fred suchen unbeirrbar nach ihrer Identität und sie gehen konsequent ihren Weg. Olivier Sylvestre nutzt klare Bilder, wie die Brücke zum anderen, Glück versprechenden Ufer – dabei lässt er seinen Figuren die Möglichkeit offen, jederzeit wieder umkehren zu können.

„Die fabelhafte Welt von Tom und Li“ (14 +)
Svårast är det med dom värdelösa
von Rasmus Lindberg (Schweden)
aus dem Schwedischen von Ute Scharfenberg
Theaterstückverlag Korn-Wimmer, München
An Lisbeths 24. Geburtstag eröffnet ihr ihre Mutter, dass sie einen neuen Typen hat und sich ab sofort nicht mehr um sie kümmern kann. Also müssen Pflegekräfte für die im Rollstuhl sitzende und sehr wütende Lisbeth her, doch alle grault sie weg. Dann kommt Tom. Der ist vom Arbeitsamt widerwillig geschickt worden und weiß nicht recht, wohin im Leben. Eine ungewöhnliche Freundschaft entsteht. Mit viel schwarzem Humor, Tempo und schrägen Figuren erzählt Rasmus Lindberg von zwei Außenseitern, die durch ihre Freundschaft ungeahnte Lebenskraft schöpfen.

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