Zusammen mit dem Kinder- und Jugendtheaterzentrum in der Bundesrepublik Deutschland vergibt die Arbeitsgruppe dg:starter der Dramaturgischen Gesellschaft in diesem Jahr wieder zwei Stipendien für junge Dramaturg*innen, Berufsanfänger*innen oder Student*innen, die bisher keine, kaum oder nur wenig Berührung mit dem Kinder- und Jugendtheater hatten und dies ändern wollen. Die Stipendiat*innen begleiten das gesamte Autor*innenforum und treffen in einem offiziellen Programmpunkt auf andere Nachwuchskünstler*innen und Theatermacher*innen. Gemeinsam gehen sie auf die Suche nach (Zukunfts-)Visionen, Fragen und Wünschen, die das dramaturgische Arbeiten für ein junges Publikum von morgen prägen können.
Katharina Engel:
Zum Frankfurter Autor*innenforum reise ich mit einer gehörigen Portion Neugier, aber ebenso vielen Fragen im Gepäck, auf die ich mir die ein oder andere Antwort erhoffe! Dazu gehört zum Beispiel, dass es mich interessiert zu hören, wie die erfahrenen Theatermacher*innen auf das Theater für ein junges Publikum blicken: Was ist für sie der Grund, sich auf die Arbeit mit dieser Zielgruppe zu konzentrieren? Warum entscheide ich mich als Autor*in dafür, für ein junges Publikum zu schreiben? Und was ist daran vielleicht besonders herausfordernd, aber ebenso beglückend?
Ebenso denke ich auch oft darüber nach, wie und warum wir als Theatermacher*innen Geschichten für eine Generation erzählen wollen, die Theater oftmals nur aus dem (negativen) schulischen Kontext kennt und Unterhaltung eher über YouTube sucht als über das Fernsehen. Gibt es tatsächlich andere Sehgewohnheiten dieser Generation und braucht es hier dann auch neue Erzählwege für das Theater? Oder halten wir tapfer dagegen, dass das Theater bei so etwas gar nicht mithalten muss, da es einen ganz anderen Mehrwert hat?
Ganz persönlich frage ich mich, was wichtig ist, wenn ich zwar als junge, aber (leider) doch schon erwachsene Dramaturgin Theater/Fernsehen/Film für Kinder und Jugendliche machen möchte: Was darf ich in Bezug auf meine Zielgruppe nicht aus dem Blick verlieren? Welche Dramaturgien sind die richtigen und was muss ich persönlich mitbringen? Geht es wirklich darum herauszufinden, was ich der jungen Generation erzählen möchte? Ich, also so ganz persönlich?
Annika Henrich:
Das Theater für Kinder- und Jugendliche läuft an vielen Theatern noch immer eher nebenbei und wird als weniger wichtig oder weniger künstlerisch betrachtet als das Theater für Erwachsene. Dabei scheint es mir wichtig, wenn man sich Fragen zum Theater von Morgen stellt, besonders auch die Menschen von Morgen im Blick zu haben. Im aktuellen Diskurs um das Theater stehen oftmals Fragen nach Repräsentation, Strukturen und Teilhabe im Zentrum. Wer darf, kann und soll wen oder was darstellen? Wer wird auf den Bühnen gesehen und gehört, wessen Geschichten werden erzählt, von wem und für wen? Diese Fragen scheinen mir gerade in Bezug auf das Theater für junges Publikums sehr relevant. Ich glaube an den Theaterraum als Ort der Aushandlung von gesellschaftlichen Werten. Welche das sind, ist eigentlich nirgendwo dringender zu hinterfragen als im Kinder- und Jugendtheater.
Von welcher Welt wollen wir jungen Menschen erzählen? Sind die Geschichten von Prinzessinnen und vom bösen Wolf die Narrative, die wir ihnen mit auf den Weg geben wollen? Wenn nicht, welche sind es dann? Welches Abbild von der Wirklichkeit möchten wir zeigen? Oder ist das Theater viel mehr die Möglichkeit, eine neue Wirklichkeit zu erdenken? Denkt man das Theater als einen solchen utopischen Möglichkeitsraum, dann liegt in der Arbeit für junges Publikum ein ganz besonderer Reiz, denn schließlich ist es dieses Publikum, welches die zukünftige Gesellschaft ausmachen und mitgestalten wird.
Die dg:starter sind eine Arbeitsgruppe der Dramaturgischen Gesellschaft. Ziel ist es, Nachwuchsdramaturg*innen zu vernetzen. Seit 2011 gibt es das Format DENKRAUM, in dem Raum zum Austausch junger Theatermacher*innen geschaffen wird. Die Kooperation mit dem Frankfurter Autor*innenforum findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Mitglieder der dg:starter: Friederike Engel (Nürnberg), Sina Katharina Flubacher (Stuttgart), Christoph Macha (Dresden), Kathrin Simshäuser (Braunschweig).