Zweite Vorschlagsrunde von „Augenblick mal! 2021“ startet am 15. Februar – wer sind eigentlich die Kurator*innen?

von Annett Israel

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von links: Patrick Wildermann, Annalena Küspert, Irina Bârcă, Bassam Ghazi, Grete Pagan. Foto: Annett Israel

Vom 16. bis 21. April 2021 stehen in Berlin wieder die darstellenden Künste für junges Publikum im Fokus:
fünf Kurator*innen sind seit dem 1. Januar 2020 neben umfangreichen Videosichtungen auch auf Reisen durch die deutsche Theaterlandschaft, um Inszenierungsvorschläge der Theater für junges Publikum an ihren Spielorten zu sichten und eigene Entdeckungen zu machen, ganz gleich ob Schauspiel, Tanz, Musiktheater, Figurenspiel, interdisziplinären Produktionen oder Performances. Anfang Oktober 2020 werden sie zehn herausragende und ästhetisch wie gesellschaftlich relevante Inszenierungen für das nationale Gastspielprogramm von Augenblick mal! Das Festival des Theaters für junges Publikum 2021 auswählen: fünf für ein Kinder- und fünf für ein Jugendpublikum.
Hier stellen sie sich vor und beantworten eine Frage, die wir ihnen nicht ohne Augenzwinkern stellten: Was wäre für dich ein freudiges Erlebnis und/oder Ärgernis bei einem Sichtungsbesuch?

Irina Bârcă ist Dramaturgin am FFT Düsseldorf für Kinder- und Jugendprojekte. Geboren und aufgewachsen in Sibiu, Rumänien, hat sie Schauspiel in Bukarest und Theaterpädagogik an der Hochschule Osnabrück studiert. 2014 – 2017 war sie Theaterpädagogin am Theater an der Parkaue. Sie entwickelt, realisiert und kuratiert Theaterprojekte mit und für Kinder und Jugendliche. Am FFT beschäftigt sie sich u.a. mit Formaten der Kooperation und der Begegnung von Theater, Schule und Künstler*innen und dem Theater der Digital Natives.

Ich freue mich, wenn das Licht angeht und nichts so ist, wie erwartet – wenn ästhetisch und inhaltlich ein Risiko eingegangen wird. Ich freue mich, wenn mich eine Aufführung gedanklich fesselt und Fragen in mir weckt, die ich mir so vielleicht noch nie gestellt habe. Wenn utopische, feministische und diskriminierungskritische Räume entstehen oder eine Geschichte einfach packend erzählt ist. Wenn ich mit schreienden Kindern in einem Saal sitze und lache. Wenn ich mit staunenden Jugendlichen in einem Saal sitze und berührt bin. Wenn ich mit vielen oder wenigen Zuschauenden in einem Saal sitze und positiv verstört, oder einfach nur glücklich bin.


Bassam Ghazi 
pendelt zwischen den Kulturen und Perspektiven und betreibt Handel mit Geschichte und Geschichten: biografisch, postmigrantisch, divers, inkludiert und desintegriert.
Er ist Theaterpädagoge, Regisseur und Künstlerischer Leiter des Import Export Kollektivs am Schauspiel Köln. Als freiberuflicher Trainer bietet er Fortbildungen zu den Themen Diversität, Intersektionalität, Diskriminierung und Rassismus für Bildungs- und Kulturinstitutionen an. 

Es ist mir eine Freude, wenn ich im Publikum sitze und hineingesogen werde in den Spirit der Inszenierung und wieder jung bin und mich an die Gefühle von damals erinnern darf… irgendwo zwischen der Scham des 15-jährigen Ichs oder meinen phantasievollen Assoziationswelten als Dreijähriger.
Mich verlieren und dann wieder schnell sortieren, um sämtliche Bewertungskriterien in meinem Theaterrasterblick abzurufen… und wieder voller Vorfreude auf die lebendigen Diskussionen unter uns Kurator*innen.


Annalena Küspert
, in der Schweiz geboren und am Bodensee aufgewachsen, hatte ihrem Erstkontakt mit Theater wenig entgegenzusetzen. Da ihre Deutschlehrermutter sie mangels Kinderbetreuung in der letzten Reihe ihrer Schultheaterproben parkte, sah sie Shakespeare, Dürrenmatt, Labiche, Kästner, Horvath – alles auf Schwäbisch. Derartig gebrainwasht blieb ihr keine Wahl. Nach dem Studium arbeitete sie zunächst als Dramaturgin und seit 2017 ist sie außerdem Autorin.

das muss man erstmal verarbeiten
von annalena küspert

drinnen. das sonnendurchflutete zimmer einer psychoanalyse-praxis. alle da. der stuhl. die couch. geschmackvoll.

COUCH: also um ehrlich zu sein. jetzt blendet’s doch ein bisschen.

DAHINTER: ach ja. dann mach ich die jalousie zu.

       steht auf.

COUCH: danke.

DAHINTER: bitte.

       setzt sich.

COUCH: ja. wo war ich?

DAHINTER: im theater?

COUCH: ach ja. der husten.

DAHINTER: das war schlimm für sie?

COUCH: er war einfach die ganze zeit da.

DAHINTER:   nervöses räuspern.


Grete Pagan,
*1983, verheiratet, 3 Kinder. Studium Schauspielregie in Hamburg. Seit 2010 Regie im Theater für Junges Publikum. u.a. am JES, Schauburg München, Junges Nationaltheater Mannheim, junge wlb Esslingen und just Mainz. Seit 2010 Übersetzerin für Theatertexte englisch-deutsch. Seit 2014 Produktionsleitung Internationales Theaterfestival Schöne Aussicht am JES. 2018 Weiterbildung „Theater- und Musikmanagement“ (LMU München). Seit 2019 im Kuratorium des Landesverbandes der Kunstschulen Baden-Württemberg.

Manchmal verändert ein kleines Augenzwinkern alles. Die Atmosphäre, die Beziehungen, die Bedeutung des Momentes. Eine plötzliche Komplizenschaft, zu der ich mich verhalten muss – oder nicht? Eine Distanzierung, die mich an allem zweifeln lässt. Oder ein Aufatmen, das ich sehnlich erwartet habe. Es kann alles zum Guten wenden. Oder alles zerstören. Machtvoll wie einfach. Blickkontakt ist allerdings notwendig, sonst ist es kein Zwinkern, sondern ein nervöses Zucken.


Patrick Wildermann
, Jahrgang 1974, arbeitet als freier Kulturjournalist und Theaterkritiker in Berlin. Unter anderem schreibt er für den Tagesspiegel, Theater der Zeit, das Goethe-Institut und das Galore Magazin. Daneben wird er immer wieder auch in Jurys berufen, zum Beispiel für den Berliner Kultursenat oder die KinderStücke der Mülheimer Theatertage. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Gibt zwar keiner zu, um nicht als Banause zu gelten. Aber die erste Frage, die Kritiker*innen am Theatereingang stellen, lautet: „Wie lange dauert der Abend?“ Immer schön im Kinder- und Jugendtheater, dass die Inszenierungen meist die gute alte Kunst der Verdichtung beherrschen (müssen). Angenehme Spielfilm-Länge halt, nicht Binge-Watching-Format. Entsprechend der Albtraum: Frank Castorfs Deutung vom „Räuber Hotzenplotz“, aufgeladen mit Heiner Müller und Céline. Sechs Stunden ohne Pause.

Inszenierungsvorschläge für die Spielzeit 2018/19 können noch bis zum 14. Februar 2020 eingereicht werden.
Am 15. Februar 2020 beginnt die zweite Vorschlagsrunde für die aktuelle Spielzeit, die am 18. Juli 2020 endet.
Wir freuen uns auf eure Vorschläge!

 

 

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