SPURENSUCHE: Tag 2

Spätestens heute war es nun so weit. Wir haben die ersten Panels veranstaltet und erlebt. Kinder haben die Aufführung von „Ich bin Pinguin“ gesehen. Wir haben an Workshops teilgenommen, diskutiert und uns ausgetauscht.

Foto: Jacqueline Moschkau

2 Perspektiven.

Vor allem haben wir heute die ersten Perspektiven gewechselt. Unsere eigene versus viele neue. Im geselligen Miteinander, aber heute nun auch über den Input aus Workshops zu Adultismus, Drag-Praxis und Audiodeskription im Theater. Doch beginnen wir am Anfang: Im digitalen Panel zur Geschichte des Kinder- und Jugendtheaters haben wir gemeinsam reflektiert, woher wir kommen und über was wir eigentlich sprechen, wenn wir über Theater für Kinder und Jugendliche sprechen. Natürlich gibt es da das kollektive Gedächtnis. Das Archiv des Theaters umfasst die gesamte Historie. Kurz zusammengefasst gibt es hier Unterschiede zwischen Theater, das politisch sein will oder „l’art pour l’art“ – Kunst um der Kunst willen. Es gibt Unterschiede, die sich über die Jahrzehnte entwickelt haben, Strömungen, die eben einfach über den Verlauf der Zeit entstehen – neue Menschen, neue Impulse. Auch sind Unterschiede im Rahmen geografischer Gebiete entstanden. Und natürlich spielt hierbei eins ins andere. Doch damit nicht genug. Im ersten Panel am Dienstagmorgen haben wir uns auch erinnert an unsere eigenen Erfahrungen mit Kinder- und Jugendtheater. Wir haben unser persönliches Theater-Archiv erschaffen: Kolleg*innen, die sich austauschen, ergänzen und gegenseitig teilhaben lassen an ihren eigenen, individuellen Erlebnissen, um neue Erkenntnisse zu generieren.

Foto: Jacqueline Moschkau

2 Generationen.

Im Workshop zum Thema Adultismus wurde dieser Austausch konkreter. Jetzt, im Erwachsenenalter, ist es uns möglich zu reflektieren, welchen Strukturen wir selbst als Kinder und Jugendliche erlegen waren, die uns durch Erwachsene auferlegt wurden. Wie nehmen wir Welt wahr? Was darf man im Theater? Wie spricht man über ästhetische Erlebnisse? Auf der einen Seite geht es um einen Erfahrungsschatz, um ein kulturelles Erbe, das natürlich nur durch Erwachsene, im Sinne von wissenden Menschen weitergegeben werden kann. Dies ist sicher richtig und wertvoll. Doch es geht darum, wie dies geschieht. An welchen Schrauben können wir, mit unserem Erfahrungsschatz aus Kindertagen, heute drehen, um diese Lernprozesse auf Augenhöhe zu gestalten. „Nein, das macht man nicht“, „Nein, das darfst du nicht“ – wie lässt sich das umwandeln? Wie können wir als Erwachsene den Blick der Kinder erneut einnehmen, die Perspektive wechseln zurück in die Neugier und die Unvoreingenommenheit, die den Blick eines Kindes im Kern ausmacht.

Foto: Jacqueline Moschkau

2 Aufführungen.

Am deutlichsten war dies schon heute in der Praxis zu sehen. Während die Fachkolleg*innen das Stück „Ich bin Pinguin“ von Leute wie die am Sonntagabend gesehen haben, waren am Montagvormittag Grundschüler*innen zu Gast im Pathos Theater. Schon während der Aufführung und auch im Gespräch danach wurde klar, wie unterschiedlich die Rezeptionsweise ist: Die intellektuell geprägte Reflexionsrunde der Erwachsenen versus die emotionale, mit- und nachfühlende Teilhabe der Kinder. Ist es die Geschichte vom hässlichen Entlein oder sind es Pinguin-Mutter und -Kind? Geht es einfach um die individuellen Stärken und Schwächen, die wir möglichst ergänzend in jeglicher Art von Beziehung kombinieren, um im Leben voranzukommen, oder ist es eine Metapher auf soziale Erziehung versus genetisches Erbe? Und warum wird im Stück nicht gesprochen, fragten die Kinder. Aber Gebärdensprache, Körpersprache und Bildsprache sind doch auch Sprachen, haben die Erwachsenen diskutiert.

Foto: Cordula Treml

2 Geschlechter.

Das Zwei-Geschlechter-System, in dem wir als Gesellschaft noch immer leben und denken, greift zu kurz. Was ist es, das Mann und Frau ausmacht – sexuell, genetisch, sozial, habituell … Und warum machen wir nicht, oder immer noch nur so selten, sichtbar, dass es viel mehr gibt. Mehr Identitäten, Lebensentwürfe, Selbstbildnisse. Und warum ist diese Grenzziehung überhaupt so relevant? Wir gehen hier alle aufs selbe Klo. Wir wollen alle, hier und im Privaten, die vielfältigen intersexuellen Identitäten wertschätzen, wahrnehmen, sichtbar machen und nutzen im Schriftlichen wie auch im Sprechen die genderneutrale Sprache – weil wir Barrieren abbauen und Diversität fördern wollen. Wir lernen noch. Wir machen Fehler dabei. Aber all das ist okay. Und der Raum, den uns das Pathos, das schwere reiter und die SPURENSUCHE als haptischer wie auch ideeller Ort dafür bieten, ist ein guter Lernraum.

Foto: Jacqueline Moschkau

2 Orte.

Das schwere reiter und das Pathos. Drinnen und draußen. Wir wollten so gern noch viel mehr mit allen draußen sein heute. Doch der Sturm hat uns einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Das Bündnis PERSPEKTIV:WECHSEL, das sich dankenswerter Weise mit dieser SPURENSUCHE gründen durfte, um das Theatertreffen in den kommenden Jahren begleitend fortzuführen, hat sich heute vorgestellt. Wieder mit einem spannenden Gesprächsformat der Geheimen Dramaturgischen Gesellschaft, das uns auch wieder neue Perspektiven auf unsere Mitmenschen eröffnet hat.

Foto: Cordula Treml

2. Tag.

Die Learnings heute? Think outside the box. Fragen eröffnen neue Perspektiven. Überraschungen auch. Mehr der heute Abend Anwesenden waren noch nie auf der SPURENSUCHE. Es wird weitergehen.

Wir lassen euch hier weiter teilhaben. Und natürlich auch in den Livestreams der Veranstaltungen und auf Instagram.

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