Dr. Manfred Jahnke, Theaterkritiker und Hochschuldozent, war vor zwanzig Jahren auf Spurensuche in der damals dreißigjährigen Geschichte der ASSITEJ in Deutschland. Nun feiert der Verband der Theater für Kinder und Jugendliche sein 50. Jubiläum und damit steht die Frage im Raum, wann denn der offizielle Geburtstag des Verbandes wäre. kjtz.co – das Blog hat bei ihm nachgefragt und folgende Antwort erhalten:
»Ich fürchte, ich kann da nicht weiterhelfen. Meine Forschungen über die DDR-Sektion waren von Wolfgang Schneider veranlasst und Christel Hoffmann und andere haben mir sehr beim Quellenstudium geholfen. Da konnte ich wirklich als Historiker arbeiten.«
Vom Materialreichtum dieser Studie kann sich jeder überzeugen und dabei auch eine Menge lernen. Beispielsweise über die ästhetischen und politischen Kämpfe, die in den ersten Jahrzehnten den Verband und das Kinder- und Jugendtheater im Westen Deutschlands bestimmten. Dazu Manfred Jahnke:
»Als die „West“-Sektion sich gründete, war ich Student an der FU Berlin, arbeitete an meiner Doktorarbeit über die Entstehung des Weihnachtsmärchens, war für Volker Ludwig und Co. engagiert, insbesondere über die Vermittlung meines Dozenten Jörg Richard und brachte meine vorherigen Erfahrungen mit Norbert Mayer und dem Theater der Jugend in München mit ein. Aber Mitglied der ASSITEJ bin ich in der Gründungsphase nicht gewesen. Natürlich hatte ich Kontakt mit Volker D. Laturell, der 1969 einen, wie ich finde, immer noch lesenswerten Beitrag geschrieben hat, „Hundert Jahre und nichts hinzugelernt“, eine Geschichte des Weihnachtsmärchens, die leider 2016 noch genauso zu schreiben wäre. Er verkehrte mit mir allerdings nur schriftlich.
Auf die Frage nach seinen eigenen, frühen ASSITEJ-Erfahrungen antwortet Manfred Jahnke:
»Ich weiß nicht genau, wann ich Mitglied in der ASSITEJ wurde, das muss so ‘73 oder ‘74 gewesen sein. Ich habe da noch Akteure wie Egmont Elschner und Co. kennengelernt. Ich erinnere mich heftiger Kämpfe, voller Wunden. Die westdeutschen ASSITEJ-Aktivisten der ersten Stunde, Hanswalter Gossmann (Nürnberg) und Volker D. Laturell (München), spielten da schon keine Rolle mehr. Vielleicht auch, weil sie sehr gute Beziehungen zu den Sektionen der ASSITEJ in den sozialistischen Ländern hatten. Denn Anfang der 70er Jahre galt das Kindertheater in den Ostblock-Staaten den neuen Aktivisten des Kindertheaters in Westberlin und der Bundesrepublik als verstaubt und nicht emanzipatorisch genug.«
Die erste Spur führt also nicht zu einer Antwort auf die Frage nach dem Gründungsdatum, sondern zu einer interessanten Reminiszenz an eine Zeit, als sich das westdeutsche Kindertheater von seiner Märchenvergangenheit zu distanzieren begann, obwohl es bis heute nicht davon los gekommen ist. Die Suche nach Spuren der Gründung der ASSITEJ in der Bundesrepublik geht also weiter. Sachdienliche Hinweise sind willkommen.