Dreißig Jahre Theaterarbeit für die Unsichtbaren

Wenn viele Kinder mit geheimen Namen im Raum sind, ist der richtige Moment gekommen, eine Geschichte zu erzählen. Der italienische Performer, Autor und Erzähler Roberto Frabetti beginnt seine Geschichte von einer geklauten Geburtstagspizza indem er sich seinen Zuschauern vorstellt. Um sie dann nach ihren Namen zu fragen. Die Kleinkinder in den ersten beiden Reihen des Sala C im Teatro La Baracca – testoni ragazzi in Bologna antworten. Aber einige verschweigen ihren Namen. Und Roberto Frabetti weiß, dass auch kleine Kinder manchmal anonym bleiben wollen. Zumal an einem öffentlichen Ort wie einem Theater, in dem sich hinter den beiden ersten Reihen die erwachsenen Zuschauer und Festivalgäste drängen. Und obwohl die Großen in der Überzahl sind, scheinen für den Performer nur die kleinen Zuschauer von Interesse. Für sie steht und sitzt er auf der Bühne. Und das seit dreißig Jahren.

Alles begann 1986 mit Workshops für die Kinder und Erzieherinnen in einer Kinderkrippe der Commune di Bologna. Aus einem Workshop ist inzwischen ein kontinuierliches Fortbildungsprogramm, das längst auch Erzieherinnen aus der gesamten Region Emilia-Romogna errreicht. Das Programm “nido e teatro” (Kinderkrippe und Theater) wäre aber nicht so erstaunlich erfolgreich gewesen, wenn sich das Theater “La Barracca” nicht ganz der Kunst und der Anwaltschaft für die Rechte der jüngsten Mitglieder der Gesellschaft verschrieben hätte, die oft unsichtbar bleiben.

Gestern präsentierte Valeria Frabetti, Schwester und langjährige künstlerische Mitstreiterin von Roberto im Rahmen des alljährlichen internationalen Festival “Visioni di futuro, visioni di teatro”, das ausschließlich dem Theater und der Kultur der frühen Kindheit gewidmet ist, ein Buch mit dreißig Beiträgen zum dreißigsten Jubiläum.

Über einhundert Gäste, Festivalbesucher aus dem Ausland und Mitstreiter/innen aus Bologna waren gekommen, um dem Theater zu gratulieren. In dem Buch finden sich auch einige Beiträge von Autor/innen aus Deutschland: Brigitte Dethier, Brigitte Korn-Wimmer, Michael Lurse und Barbara Kölling, Wolfgang Schneider und ein Beitrag von mir. Sechs aus dreißig Artikeln, das zeigt, wie wichtig der Einfluss des Konzepts eines Theaters für Kinder unter drei Jahren inzwischen auch in Deutschland ist.

Danke “La Baracca”, dass Ihr uns immer wieder zeigt, dass Menschen für Theater niemals zu jung sind und dass gerade die Aufmerksamkeit von Künstler/innen des Kindertheaters den zu oft unsichtbar bleibenden Jüngsten in unserer Gesellschaft und ihren Rechten zu immer mehr Sichtbarkeit verhilft.

Gerd Taube

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